Montag, 24. Januar 2011

Körnerfreaks oder : Getreide, eine späte Liebe.

Mit unserer ersten Getreidemühle fing es an.
Sie ist aus Holz und hat eine geschwungene Kurbel. Es hört sich gut an, wenn die Körner hineinrieseln und es beim Schroten knarzt und knackt.
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Beim Kurbeln kamen mir unwillkürlich Bilder einer vergangenen Zeit in den Sinn, ich sah, wie unsere Vorfahren auf den Feldern arbeiteten, wie sie das Getreide einholten, die Ähren mit einem Dreschflegel droschen und die Körner im Mörser zerstießen. Ich musste daran denken, dass Getreide für die meisten Menschen auch heute noch das Hauptnahrungsmittel ist. Sein Nährstoffprofil macht es zu einem so wertvollen pflanzlichen Lebensmittel.

Getreide - Grundnahrungsmittel der Menschheit


Heute weiß man:

Nahrung hat nicht nur einen Energiewert, sondern einen Vollwert !

Neben den Energielieferanten, Kohlenhydraten, Fetten, Eiweiß sind noch viele lebenspendende Vitalstoffe im Getreide enthalten:
Wasserlösliche Vitamine, vor allem der B-Komplex, fettlösliche Vitamine A, D, E und K, Mineralstoffe, Spurenelemente, Enzyme, ungesättigte Fettsäuren, sekundäre Pflanzenstoffe und Biophotonen.
Die Bedeutung dieser Stoffe für unsere Gesundheit ist enorm, darüber sind sich die Wissenschaftler heute einig.

Früher kannte ich lediglich Getreideerzeugnisse, nie hatte ich das ursprüngliche Korn in der Hand. Bei den Getreideerzeugnissen und Auszugsmehlen ist der ernährungsphysiologische Wert stark gemindert. Im Keim befinden sich Vitamine und wertvolle Öle. Die Randschichten sind mineralstoff- und  vitaminreich. Keim und Randschichten werden bei der Herstellung von Weissmehl jedoch entfernt!

Kamut - Seele der Erde

Wie gesund das volle Korn für den Menschen ist, das wusste schon der Schweizer Arzt, Dr. Max Bircher Benner. Durch seine Erfindung des Müslis ist er ja vielen ein Begriff. Wesentliches Element der Bircher-Benner-Kost war die Ernährungstherapie auf der Basis von Rohkost. 1897 gründete Dr. Bircher -Benner in Zürich eine Privatklinik und seine Kur war bald in ganz Europa bekannt.

Frischkornbrei vegan - mit Früchten und Haferdrink


Rezept Frischkornbrei:

3 El Weizen grob schroten und in Wasser  5-12 Stunden ( über Nacht) einweichen. Vor dem Verzehr Obst der Jahreszeit, Haselnüsse oder Kürbiskerne, Haferdrink, Vanille oder Zimt sowie etwas Agavendicksaft hinzufügen.



Müslis und Breie stärken den gesamten Organismus. Der hohe Gehalt an B-Vitaminen wirkt sich auf das Zentralnervensystem aus, somit auf alle Vorgänge des Stoffwechsels.
Ein Müsli mit Haferflocken soll übrigens von besonders hohem Nutzen bei geistigen Tätigkeiten sein.
Im Hafer sind psychotrope Wirkstoffe enthalten, die die Sinne stärken und positiv auf die Psyche wirken. Daher kommt auch der alte Spruch: 
" Den sticht wohl der Hafer". Das sagte man schon immer, wenn jemand besonders übermütig und fröhlich ist.:-)

Hafer


P.S. Bereits 100g Haferflocken decken den Tagesbedarf an 6 der 8 essenziellen Aminosäuren und 1/3 der lebenswichtigen Fettsäuren !

Das naturbelassene Getreidekorn ist ein natürlicher Speicher lebenswichtiger Vitamine und Mineralstoffe.
Darum ist es von Vorteil, das Korn frisch zu mahlen- so bleiben die meisten dieser wertvollen Vitalstoffe erhalten.


Selbstgebackene Vollkornbrötchen 
Gekochten Getreidebrei habe ich in Form von Habermus in meinen Speiseplan aufgenommen.
Habermus ist einfach wunderbar, besonders wenn es draußen kalt ist. Es spendet wohlige Zufriedenheit und Wärme. Ich musste beim Löffeln von Habermus an den Spruch:"Essen hält Leib und Seele zusammen." denken.
Ich lege es jedem im wahrsten Sinne des Wortes wärmstens ans Herz , es einmal zu probieren!

 Hier ein Rezept für Habermus:
  
Zutaten: ( 1 Person)
1  Tasse Dinkelschrot
2-3 Tassen Wasser
1 Tl. Agavendicksaft
1 Msp Galgant
1 Msp Bertram
1 Msp Zimt
1 geschnittener Apfel
1 Tl süße gehackte Mandeln
1 Tl Flohsamen
Saft von 1/2 Zitrone
Bertram, Galgant und Flohsamen


Zubereitung:
Dinkel in Wasser einrühren, unter ständigem Rühren zum Kochen bringen.Agavendicksaft und Würze dazugeben und weiter köcheln ( ausquellen) lassen.
Die Kochzeit beträgt 5- 10 Minuten. Apfel in den letzten Minuten dazu tun.
Mandeln und Flohsamen auf das fertig gekochte Mus streuen.
Die halbe Zitrone darüber auspressen.

 
Gen Food ? Nein Danke

Was hat es eigentlich mit dem Dinkel auf sich und was macht ihn besonders?

Dinkel ist eine Urweizenart und er war in der Antike im ganzen Mittelmeerraum als Brotgetreide bekannt. Dinkel eignet sich nicht für die Intensivlandschaft,weil er keinen Kunstdünger verträgt und ist deshalb in seiner Urform erhalten. Auf seine Wirkung hat Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert erstmals hingewiesen. In der "Erfahrungsheilkunde" werden ihm  erstaunliche Heilwirkungen nachgesagt. Laut Hildegard macht Dinkel sanft, kann die Auswirkungen von Stress mindern und dadurch bei erhöhtem Blutdruck helfen.
Sie hat die Wirkung und Heilkraft richtig bewertet, denn heute kennt man -wissenschaftlich nachgewiesen  durch Analyse die gesunden Inhaltsstoffe, die dafür verantwortlich sind.
100 g Dinkel enthalten :
11,6 g Eiweiß, 2, 7 g Fett, 62,5 g Kohlenhydrate, 8,8, g Ballaststoffe, Vitamin B1; B2; B6, Vitamin E, Niacin, Natrium, Kalium, Kalzium, Phosphor, Magnesium, Eisen, Selen und die gesunde Kieselsäure!

Für Weizenallergiker ist Dinkel übrigens eine gute Alternative, denn er wird besser vertragen.


Dinkel



Bei Dinkel und Grünkern handelt es sich um dieselbe Getreideart.
Grünkern ist durch einen Zufall entstanden: Vor Jahrhunderten drohte in einem regenreichen Jahr die Dinkelernte kaputt zu gehen. So ernteten die Bauern den Dinkel schon 2-3 Wochen vor der Reife und darrten ihn über einem Buchenfeuer. Der wohlschmeckende Grünkern wurde hiermit geboren und wird bis heute hergestellt.
Im Biohandel gibt es immer noch Grünkern, der über einem aromagebendem Buchenholzfeuer gedarrt wird, während der von der konventionellen Lebensmittelindustrie angebotene Dinkel im Heißluftstrom getrocknet wird.
Grünkern eignet sich in der veganen oder vegetarischen Küche hervorragend für schmackhafte, würzige Bratlinge- eines unserer Lieblingsessen!
Vegane Grünkernbratlinge
Was für ein Geschenk der Natur Getreide doch ist!  Das wussten schon die oft belächelten 'Körnerfresser' in den Siebziger Jahren .
Ich bin ihnen dankbar, denn ohne sie gäbe es die Bioläden wahrscheinlich nicht und wir hätten heute wohl nicht mehr diese Vielfalt an Getreide.


 Eine Getreideart möchte ich noch vorstellen, den Kamut:
 Kamut ist das altägyptische Wort für Weizen und heisst übersetzt: "Seele der Erde". Kamut ist eine Weizenart, die sich züchterisch und genetisch seit dem ersten Anbau vor rund 6000 Jahren nicht verändert hat. Er verfügt über höhere Energiewerte, sowie einen ungefähr 30 % höheren Magnesium- und Zinkgehalt als Weizen und ist auch verträglicher.
Veganer Apfelkuchen aus Kamut- und Dinkelmehl
Sehr schmackhaft finde ich Pasta aus Kamut, die es in gut sortierten Bioläden gibt.
Es gibt viele weitere Getreidesorten im Naturkosthandel zu entdecken.

Berberin  beim Brotbacken


Ein kurzer Ausflug in die Geschichte:
Als der Mensch anfing Getreide anzubauen, begann er sesshaft zu werden. Der Brei aus gestampften,  geschroteten Korn war viele Jahre lang das Hauptnahrungsmittel der Kulturvölker. Im Schatten der Kornkammern entwickelten sich die Künste, Philosophie, Architektur, Mathematik, die Kultur konnte so entstehen.
Und bei mir entstand nun eine späte Liebe zum Getreide! Mein liebstes Haushaltsgerät ist unsere elektrische Getreidemühle. Brot, Kuchen und Gebäck aus frischgemahlenem Vollkornmehl sind nicht nur gesünder als aus Auszugsmehl, sie schmecken uns viel besser.
Hier wird Dinkel frisch gemahlen

 Der Duft von frisch gemahlenen Schrot, Mehl und erwärmtem Getreidebrei hat etwas ursprüngliches und gutes , worauf ich in meiner Ernährung nicht mehr verzichten möchte.

 Flockenquetsche
Das ist Anni, unsere Flockenquetsche. Im "Kurbelumdrehen" entstehen  frische Dinkel- oder Haferflocken für das Müsli, für Bratlinge etc. in grober bis feiner Ausführung.

vegan vollwertig
Rote Johannisbeeren aus dem Garten-  lecker zu Frischkornbrei


Ein Hinweis:
Die Umstellung auf Vollkorn gelingt leicht, wenn man zunächst die Hälfte des Mehls durch Vollkornmehl ersetzt und ganz nach Gefühl immer mehr zu Brot, Nudeln und Gebäck aus dem vollen Korn greift. Im Bioladen kann man Getreide mahlen lassen und damit wie gewohnt kochen und backen. Gleichzeitig sollte man weniger Zucker und zuckerhaltige Produkte essen, da es sonst während der Umstellung zu Unverträglichkeiten kommen kann.
Wer verzichtet, gewinnt. Laotse
Ich bin sehr froh, das ich auf die vegane Vollwerternährung umgestiegen bin.  Fleisch (man denke an die Massentierhaltung), chemische Zusätze in der Nahrung, Fertigprodukte , Salmonellen - das sind die Dinge, auf die ich verzichte.
Ich habe ein gutes Gefühl ( oder reines Gewissen ) gewonnen und fühle mich rundherum wohl so.

Ich hoffe , ich konnte Interesse an der veganen vollwertigen Ernährung und am ursprünglichem Korn wecken.
Vielleicht gibt es ja bald ein paar neue Körnerfreaks , die sich über das Knarzen in der Getreidemühle freuen!

Susanne Heine
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